Bericht von Stefan Nestler | Blog Abenteuer Sport Deutsche Welle
Auch der Praqpa Ri bleibt unbestiegen
(Dispatch in English please see below)
Es regnet – und das abends um 21 Uhr auf 5000 Metern im Karakorum. „Es ist unglaublich warm hier“, erzählt mir Ralf Dujmovits, Deutschlands erfolgreichster Höhenbergsteiger, per Satellitentelefon
aus dem Basislager zu Füßen des Praqpa Ri. „Wir haben bis weit in den Abend bei offenem Zelt zusammengesessen.“ Das ungewöhnlich warme Wetter hat für schwierige Verhältnisse an dem
Siebentausender gesorgt, dessen Gipfel weiter unbetreten bleibt. Wie zuvor schon am ebenfalls unbestiegenen Siebentausender Gasherbrum VI mussten der 54 Jahre alte Deutsche und seine 47 Jahre
alte kanadische Partnerin Nancy Hansen ihren Gipfelversuch abbrechen. „Wir haben um jeden Meter im Aufstieg gekämpft“, sagt Ralf. Vergeblich.
Ralf, wie hoch seid ihr diesmal gekommen?
Bis auf 6300 Meter. Wir hatten unseren ursprünglichen Plan geändert. Wir wollten über den linken Pfeiler klettern und dann über den überwechteten Grat zum Gipfel steigen. Wir hatten gehofft, auf
der Rückseite der überhängenden Wechten entlang klettern zu können. Aber so weit sind wir gar nicht gekommen.
Habt ihr die falsche Route gewählt oder waren die Bedingungen einfach zu schlecht?
Die Schneebedingungen sind in diesem Jahr extrem schlecht. Wir haben es ähnlich angetroffen wie drüben am Gasherbrum VI: sehr viel Zuckerschnee, Schwimmschnee, in den du einbrichst, teilweise
grundlos. Wir kletterten teilweise in sehr steilem Gelände, 70 bis 80 Grad, manchmal auch senkrecht. Dort konntest du den Pickel waagerecht hineinschieben und den Arm noch gleich hinterher. Dann
aber auch wieder Blankeis mit nur einem halben Meter Schneeauflage. Sehr wechselhafter, sehr schlechter Schnee. In den steilen Passagen haben wir teilweise eine Stunde für eine Seillänge
gebraucht, weil wir uns im fast senkrechten Zuckerschnee hochbalancieren mussten. Bei diesen schlechten Verhältnissen ist uns einfach die Zeit weggelaufen.
Wie sah es mit der Lawinengefahr aus?
Die kam noch hinzu. Es handelt sich um einen Ostgrat. Ab 4.30 Uhr steht darauf die Sonne. Spätestens ab 9 Uhr hast du dann akute Lawinengefahr. Ständig rauscht rechts und links von dir der Schnee
herunter. Wir sind eine Flanke mit einer Auflage von einem halben Meter Zuckerschnee aufgestiegen. Irgendwann ist die ganze Flanke abgerutscht. Jetzt ist dort nur noch eine riesige
Blankeisfläche.
Was hat euch letztlich bewogen umzukehren? Habt ihr einfach zu lange gebraucht oder seid ihr wie am Gasherbrum VI an eine Stelle gekommen, die ihr nicht überwinden konntet?
Wir sind an einen Punkt gelangt, an dem Nancy gesagt hat: Das ist mir zu gefährlich. Sie stand 30 Meter über mir im Zuckerschnee, obenauf ein dünner Deckel härteren Schnees, 60 Grad Neigung. Ich
hätte wahrscheinlich schon früher umgedreht.
Es lag also an den Verhältnissen, nicht an der Route?
Ich denke, bei guten Verhältnissen wären wir deutlich schneller vorwärts gekommen und hätten weitersteigen können.
Wenn du die beiden Versuche am Gasherbrum VI und Praqpa Ri vergleichst, wo wart ihr dem Erfolg näher?
Das kann man eigentlich nicht sagen. Wir waren an beiden Bergen noch 600 beziehungsweise 800 Höhenmeter vom Gipfel entfernt. Das ist noch ziemlich weit weg. In beiden Fällen war es uns einfach zu
gefährlich.
Ihr habt euch erneut sechs Tage durch den Schnee gewühlt, um am Ende wieder einsehen zu müssen, dass es keinen Sinn hat. Wie sieht es jetzt in euch aus?
Wir hatten eine gute Zeit zusammen und haben es wirklich als schönes Abenteuer erlebt, extrem spannend. Trotz der ganzen Anstrengung und Härte haben wir es genossen und nehmen zwei schöne
Bergerlebnisse mit nach Hause.
Und ihr seid heile heruntergekommen.
Ja, vor allem am Praqpa Ri waren wir am Ende wirklich froh, wieder unbeschadet das Basislager erreicht zu haben. Es war äußerst heikel.
It is raining – at 9 p.m. at 5,000 meters in the Karakoram. “It’s incredibly warm here,” Ralf Dujmovits, Germany’s most successful high altitude climber, tells me via satellite phone from the
Base Camp at the foot of Praqpa Ri. “We sat together until late in the evening with an open tent.” The unusually warm weather has resulted in difficult conditions on the seven-thousander so that
its summit remains virgin. Like before on the also unclimbed seven-thousander Gasherbrum VI the 54-year-old German and his 47-year-old Canadian partner Nancy Hansen had to abandon their summit
attempt. “We fought for every meter on ascent,” says Ralf. In vain.
Ralf, how far up did you climb this time?
Up to 6,300 meters. We had changed our original plan. We wanted to climb via the left pillar, and then via the corniced ridge to the summit. We had hoped to be able to climb on the back of the
overhanging cornices. But we didn’t come so far.
Did you choose the wrong route or were the conditions just too bad?
The snow conditions are extremely bad this year. We have found similar conditions like on Gasherbrum VI: much “sugar snow”, rotten snow you break into, partly groundless. We climbed partially in
very steep terrain, 70 to 80 degrees, sometimes vertical.
There you could push the ice axe horizontally into the loose snow and your arm right behind. But then also blue ice again, covered with only half a meter of snow. Very changing and bad snow. In
the steep passages, we have partially needed an hour for one pitch, because we had to balance ourselves up in the almost vertical sugar snow. We have just run out of time in these poor
conditions.
What’s about the avalanche danger?
It was added. It’s an east ridge. From 4.30 a.m. it is in the sun. Not later than 9 a.m. there is acute danger of avalanches. Snow masses sweep down to the right and left of you. We ascended a
slope covered with half a meter of sugar snow. Later the whole slope slid down. Now a huge area of blue ice is left there.
What has made you finally turn back? Has it taken you just too long or was it like on Gasherbrum VI where you reached a point that you could not overcome?
We have reached a point, where Nancy said: “That’s too dangerous.” She stood 30 meters above me in the sugar snow, on top a thin crust of harder snow, 60 degrees steep. I probably would have
turned around earlier.
So the conditions were the reason you turned back, not the route?
I think, in good conditions we would have moved forward significantly faster and could have reached further up.
If you compare the two attempts on Gasherbrum VI and Praqpa Ri, where have you been closer to success?
Actually you cannot say that. On both mountains we were still 600 or 800 meters below the summit. This is still quite far away. In both cases, it was simply too dangerous.
Again you have fought through the snow for six days, again you had to realize that there’s no point. How do you feel now?
We had a good time together and truly experienced it as a nice adventure, extremely exciting. Despite all the effort and hardship we enjoyed it and will take two beautiful mountain experiences
back home.
And you have returned safe and sound.
Yes, especially on Praqpa Ri we were really happy at the end to have reached Base Camp unscathed. It was extremely precarious.